Hamlets Schädel

Interview mit der Textautorin und Regisseurin Sibylle Brandl

Wieso Hamlet? Es gilt als das meistgespielte und längste Stück von Shakespeare. Hat "die Welt " damit nicht genug?

Ehrlich gesagt war mir das zu Beginn gar nicht klar. Vor über einem Jahr war ich auf einem Theaterwochenende in Meiningen. Hamlet war das Überthema. Was in den Arbeitsgruppen als Präsentation heraus kam, war zum Teil irrsinnig lustiger Scheiß. Das könnte mit zwölfPLUSeins auch funktionieren, hab ich mir gedacht. Wäre ich also auf einem Macbeth-Seminar gewesen, hätte es auch Macbeth sein können....

Und dann?

Dann hab ich Hamlet einige Male durchgelesen - zum Leidwesen meiner Umwelt, der ich ständig damit in den Ohren lag. Und Stücke, die Hamlet adaptieren. Soviel publizierte, und dann auch noch gute, gibt es nicht. Wobei "gut" natürlich im Auge des Betrachters liegt. Da half wirklich nur selber schreiben. Die geniale Kombination von Slapstick-Szenen mit Rosenkranz und Güldenstern und der Tragödie, die Hamlet erleben muss, ist ein irrsinnig spannender Kontrast. Und in den hochtragischen Szenen steckt Komik und Absurdität. Was wir uns damit aufgehalst haben, wurde erst mit der Zeit klar.

Wer hat dann den Text geschrieben - und wie kommt man auf solche Ideen?

Grundlage war die Strichfassung, das macht jeder Dramaturg bzw. Regisseur. Was bleibt drin, was fliegt raus? Worauf lege ich den Schwerpunkt? Die habe ich mit Hilfe verschiedener Übersetzungen erstellt. Dann haben wir uns zu viert über die Strichfassung hergemacht. Michael ist Drehbuchautor, Dominik Kameramann und Filmemacher, Caro und ich haben beide längere Theatererfahrung, alle viere lieben wir das Absurde. Da wir inzwischen alle woanders wohnen, haben wir über ein Internetforum gearbeitet. Teilweise schossen die Ideen ziemlich ins Kraut und die Lachtränen in die Augen, einige Ideen waren so schräg und frei ab 18, dass sich die betroffenen Schauspieler geweigert haben, das zu spielen. Aber man kann’s ja mal vorschlagen. Zu Beginn der Probenarbeit lagen - ich meine - die ersten zwei Akte vor? Der Schluss ist erst kurz vor der Premiere fertig geworden. Die Szene ziemlich zum Anfang, in der die Wachen die Leiche Old Hamlets finden, ist komplett über eine Improvisation während einer Probe entstanden. Bei Shakespeare gibt’s diese Szene gar nicht. Zwischendrin mussten wir dann noch mal umschreiben, weil aus dem Laertes plötzlich eine Laerta werden musste, was einige Verschiebungen auf der Beziehungsebene der Figuren bedeutete. Und dann noch mal, weil wir aus Krankheitsgründen den Claudius umbesetzen mussten.

Dein Fazit zum Schreiben?

Dauert immer länger, als man denkt, da man nichts übers Knie brechen kann. Michaels Erfahrung als Drehbuchautor half da vielfach weiter. Es gibt hochkreative Tage und Tage, an denen nichts läuft, belagert ziemlich viel Zeit- und Hirnspeicher, aber jederzeit wieder!