Hamlets Schädel

„Commedia Infernale“

Michael Ende nennt sein Werk ein Typentheater in der Form eines „schwarzen Märchens“ oder ganz ausdrücklich eine „Commedia Infernale“. Eine höllische Komödie? Ende meint damit eher ein zorniges Narrenspiel, das gleichnishaften Charakter hat. Ziel des Ganzen: dem Publikum einen Spiegel vorhalten. Nur, was sollen wir kapieren? 

Michael Ende greift Traditionen auf und bricht sie

Ende bedient sich quer Beet in der Theatertradition. „Die Spielverderber“ folgen zum einen dem klassischen Fünf-Akte-Schema nach Aristoteles. Leiten die beiden ersten Akte auf den Konflikt hin, erreicht dieser im dritten Akt seine Höhe- und Wendepunkt. Die beiden letzten Akte führen dann zur „Lösung“ des Konfliktes – in der Tragödie die Katastrophe. Aber hier setzt sich Ende wieder von der Tradition ab und bricht sie ironisch – das Stück endet untypisch in einem heillosen Desaster – die „komische“, ironische Variante.

Das „Erbe der Narren“ kann auch als ein Vexierspiel betrachtet werden. Vexier bedeutet soviel wie jemand necken oder plagen. Bei unseren Erben herrscht nämlich eine vollkommene Verunsicherung. So versuchen sie über äußere Punkte Lösungen zu finden. Egon will die Schäden und den Grundbestand des Hauses aufnehmen, um das Erbe schätzen zu können, scheitert aber an solchen Dingen wie den „Eierschalen des Heiligen Geistes“. Er lässt alle Türen verschließen, damit niemand entkommt. Jakob sucht jenseits des Erbauftrags seinen persönlichen Profit, General Schweler will die anderen mit der Gewalt der „Herrenrasse“ in die Knie zwingen. Wie die meisten  Menschen neigen sie dazu, an Bewährtem, d.h. dem, was sie auch sonst kennen und tun, festzuhalten und sind daher nicht dazu in der Lage, sich in der ungewöhnlichen Situation angemessen zu verhalten, nach Alternativen zu suchen.

Man kann das Stück natürlich auch als Parabel verstehen. Die Parabel ist eine lehrhafte und kurze Erzählung. Der Zuschauer soll über diese „Brücke“ zur Erkenntnis gelangen, natürlich die vom Autor gesetzte Botschaft. Ende betont das Typische und lässt das Untypische weg. Worin das liegt, verraten wir hier natürlich nicht, das soll der Zuschauer schon selbst leisten ….

Der Narr

Der Narr – in Mainz wohl bekannt – ist der Tor, der Spaßmacher. Das, was die Erben im Stück erleben, sieht zunächst überhaupt nicht nach Spaßmachern aus. Auffällig gekleidet, Spaß verbreitend, das hier im Stück? Geht es nicht um Menschen wie du und ich?

Ursprünglich war beim Begriff Narr auch eine wahnsinnige, verdrehte Komponente dabei. Damit kommen wir der Sache schon näher. Im Mittelalter mutierte der Spaßmacher aber auch zu dem, der in sich selbst verliebt war, Gott nicht erkannte, sogar eine negative Gestalt war. Er wurde sogar in die Nähe des Teufels gerückt und symbolisierte die vanitas  - die Vergänglichkeit, den Tod.

Die frühe Neuzeit sah im Narren den intelligenten und intriganten Strippenzieher. Na – dämmert es? Sind wir nicht hochaktuell?

Sibylle Brandl